Nun nach all den Jahren am Niederrhein lebend, versuche ich einen kleinen Einblick in meine neue Heimat zu geben. Natürlich mit einem lächelnden Gesicht, denn wie hat schon Hans Hüsch in seinen Geschichten, diese lieben Leute treffend beschrieben: „der Niederrheiner weiß nichts, kann aber alles erklären“ Von mir lege ich ein paar Beispiele dazu.
Wo liegt der Niederrhein ? Als Vorgeschmack werde ich auf typische Weise und nach niederrheinischer Art es so definieren. „So ganz einfach ist es nicht geografisch zu beschreiben, da diese räumlichen Grenzen fließend sind“. Alles klar, nein. Dann ein zweiter Versuch. „Wer es genau wissen will und es vom Wasser aus betrachtet, der Niederrhein fängt kurz hinter Düsseldorf an und mündet am Ende in die Nordsee“. Ihr merkt schon, es klappt nicht, nur noch soviel und dann weiter mit der heutigen Kurzgeschichte. „Weitere Grenzen sind von der Natur aus mit der Ems, der Lippe und der Aa gegeben“. Gerne bezeichnen die Anrheiner diese unerkennbaren Grauzonen auch als „Gönne Kant“.
Nun nach 20 Jahren ist es mir endlich gelungen dieses Sprachgemisch aus unserem vertrauten Hamburger Plattdeutsch und stark eingefärbtem Holländisch mit einem leichten Hang ins Ruhrgebiets deutsch bei zu kommen. Ganz klar und unvergleichlich lebt hier jeder an der anderen Seite des Flusses und in einer Gemeinde, die nur für Ihn als die Perle vom Rhein beschrieben wird. Es ist zwecklos weiter danach zu fragen und sollte vom außen stehenden Personen mit einem wohlwollenden „Nickköppen“ behandelt beachtet werden.
Für mich ist es immer wieder schön auf richtige Niederrheiner zu treffen, die mit Ihren Wesen immer wissen wollen „Wo man herkommt“ um im gleichen Moment fest zu stellen, daß sie nicht wissen „woher das ist“ Nehmen wir mal an, dass ich aus Duisburg komme, so würde mich an dieser Stelle ein „Ja, nee, ist klar“ verraten und der Ortsansässige könnte mich in die Schublade „Gönne Kant“ einordnen. Machen wir es dem Einheimischen leichter und sagen gleich Meiderich ist er zufrieden und freut sich. Wir sind für Ihn „von hier“. So einfach ist das.
Etwas schwieriger wird es im Arbeitsumfeld, wenn nicht Eingeweihte dieser Sprache mit anderen zusammen arbeiten. Da sind für uns Hamburger Konflikte vorprogrammiert. Am Anfang auf meiner Arbeitsstelle kam hier jeder mit seinem „Vize“ zur Arbeit. Ich dachte immer: „Was ist das komisch, hier kommt jeder mit seinem Vorarbeiter an“ Langsam begriff ich, das mit „viezen“ Rad fahren gemeint war. Diese hart durch dachten Sätze finden im: „mach mal das Fenster los“, anstatt es zu öffnen, eine gelungene Fortsetzung die jeden Hamburger zum schmunzeln bringt.
Ja am Anfang ist es schwer, hier Fuß zu fassen und zu verstehen. Es ist eine andere Kultur, die nicht von Flut und Ebbe bestimmt wird. Hier heißt es „los“ gehen oder man ist „auf“ irgendwas, wenn wir an ein berühmtes Fußballstadion denken und hier geht fast jeder abends „nach Bett“.
Beim kennen lernen und Kontakte knüpfen, ist es immer wieder schwer ein „Wo kommste her?“ zu definieren. Ein sehr wichtiger Punkt für die Einwohner hier, da mit diesen Angaben die heimliche Neugier gestillt wird. Eine etwas gewöhnungsbedürftige und gleichzeitig liebenswerte Art. Dieses Verhalten änderte sich schlagartig, als ich in die Stadt meiner Arbeitsstelle zog. Nun konnte ich erzählen, wo ich her kam. „Nun gehöre ich dazu“, dachte ich. Weit gefehlt, denn die Niederrheiner machen nun die Schublade wieder auf um Dich in eine neue zu stecken, die ich mit: „Wo biste geboren“ beschreiben möchte. Ihr merkt an dieser Stelle, ein waschechter Niederrheiner ist an und für sich nicht neugierig, er möchte nur alles wissen.
Nun als ein Zu-gereister und nicht „von hier“ geborene Person wurde ich liebevoll als „……. linski“ bezeichnet. Ein Zustand der am Anfang schwer zu verstehen war, hatte er doch nicht diesen warmen und herzlichen Klang, mit dem was wir Norddeutschen unter „Quitscher“ verstehen. Nachdem ich mich nun eingelebt habe und von meiner Frau „geheiratet wurde“ , änderte sich auch meine Klassifizierung eines „……linski“ in einen „…….ler“. Darauf kann ich schon etwas Stolz sein oder? Als letztes kommt ein „…….laner“ nach dem Stadtnamen hinzu. Dazu müßte meine Familie so ungefähr 200 Jahre aus einem niederrheinischen Gebiet kommen und „hier“ gelebt haben. Das packe ich auch noch………………..
Nun hoffe ich, daß Ihr den Niederrheiner etwas besser kennen gelernt habt. Wer Platt snacken kann, kommt hier gut zurecht und findet am Niederrheiner gefallen. Als kleiner Tipp, bei einem Abstecher in diese schöne Region sollte jeder mal Endivien Salat oder frische Pufferkes probieren.
Bis zum nächsten Mal, es grüßt ein Exil lebender Hamburger in NRW.
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Wenn man vom anderen Ende der Republik kommt – wie ich aus Nürnberg – geht es einem ähnlich. Meine „süddeutschen“ Freunde meinten mich bei den Ostfriesen zu finden, als ich nach Rees bzw. Emmerich zog. Und hier eine Verabredung für 3/4 zwölf anzumelden, endet in Einsamkeit. Mag wohl in HH zum gleichen Ergebnis führen. Aber das weite Land und der mächtige Fluss am Niederrhein, das hat schon was.
http://www.brunowoda.com
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Guten Morgen Bruno,
tatsächlich bin ich am Anfang auf sprachliche Windmühlen gestoßen. Manch Lachen mußte ich mir verkneiffen, da es hier so ganz „anders“ ist, als ich es von zu Hause aus kenne. „Hier“ sollte jeder wissen, daß der Niederrheiner ein links und rechts denkender Mensch ist. Bei langen Sparziergängen am Rhin, mit den Augen von Conrad Sevens betrachtet, wünsche ich Dir einen schönen Herbst…
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