Cher, ich und die verschwundenen MINI Lenkräder an der Bundesstraße 3


Als Fan von Groschenromanen habe ich reihenweise Jerry Cotton verschlungen. Auf dem Wochenmarkt in Finkenwerder holte ich mir samstags immer neuen Lesestoff. Beim Zeitschriftenhändler trafen sich alle Leseratten, hier war die größte Auswahl von Krimis und Western, Liebeslektüren zu finden, meist lag der Schund einfach unübersichtlich geordnet, in Kästen in der Auslage herum, jeder Standbesucher suchte, wühlte sich dicke durch Stapel. Es dauerte immer eine Zeit bis ich zwischen Lassiter „letzter tödlicher Trial“ über die Erika Ergüsse „ …tiefer Blick im Wartezimmer“ und Isola Bella Schinken „Blockhaus in den Bergen“ endlich meine Kojak’s „Tod in Manhatten“ Krimi Sammlungen fand. Der Besuch endete immer beim Kakao und heißen Würstchen Stand, danach wurde die Lesebeute nach Hause gebracht, fein säuberlich unter dem Bett platziert, dabei wurde schon in die ersten Hefte gespickt. Ich erblickte ein Heft ohne ……. oh wir sind in einer neuen Kurzgeschichte… also es war einmal….

ein Samstag, endlich hatte ich frei, fast ausgeschlafen, wollte ich heute früh auf dem Wochenmarkt gehen und meine alten Romane gegen neue Krimis eintauschen. Ein kurzer Halt beim Bäcker, weiter mit einer Tüte herrlich duftender Rundstücke, schnell noch vorbei am Haus von meinem Freund Hans. Hoffentlich war die alte Pennmütze schon wach. Ich wurde eines besseren belehrt, natürlich schlummerte er noch tief und fest. Darum versuchte ich mich durch leichte Steinchen werfend, klopfend am oberen Fenster des Hauses bemerkbar zu machen. Nichts geschah, die Gardinen im oberen Stock bewegten sich nicht, in diesem Moment öffnete sich die Haustür und Hans Vater ließ mich herein. Ein peinlicher Moment, alles was ich wollte war Hans wecken, ohne den Vater zu stören, der gerade von der Nachtschicht kam. „ Wi hebt ogg een Klingelknopp“ sagte der müde wirkende Mann, „ Komm in di Küch, mog wi een Tass Kaff för de Rundstücke, oda hebt do nix för mi dabie? sät di mol dale open Stohl“, ich folgte ihm. „Jo, heb ick mitbrocht för……“ weiter kam ich nicht, denn vom Kaffeegeruch angelockt schlurfte Hans in die Küche herein, mit einem lächeln und einem Franzbrötchen verließ Hans Vater uns Richtung Bett gehend. Wir machten uns auf den Weg, auf dem Markt trafen wir unsere anderen Freunde. Hans und ich verabreden uns später mit den Piti (eigentlich Patrizia) und Manuela (Manu) zum gemeinsamen Besuch im Finkenwerder Freibad. Nun machte ich mich mit einem ganzen Stapel von Kojak Krimis auf dem Heimweg.

Ich verstaute meine kleinen Schätze unter meinem Bett, plötzlich hielt ich ein Heft ohne Umschlag in meinen Händen. „Wat istn datt ?“ neugierig las ich den Titel. „Marion Pitsch, Fundstücke am Ricklinger Teich.“ Verwundert fragte ich mich: „Wo ist denn nun der Ricklinger Teich ?“ Mein Interesse war geweckt, ich konnte dieses Werk nicht mehr fort legen, eifrig lesend erfuhr ich von einer Seenplatte bei Hannover an der Bundesstraße 3, die die Verfasserin beruflich öfter als leitende Beamtin für das städtische Bauordnungsamt Hannover besuchte, um das Areal für das neue……. es fehlten ein paar Seiten, es war eine gut geschriebene Sachgeschichte. „Mal was anderes“ dachte ich. Ich packte das Heft in meine Tasche. Gerade noch rechtzeitig schaffte ich es zum vereinbarten Zeitpunkt mit meinen Freunden im Freibad zu sein. Nachdem ich ein paar Runden geschwommen hatte, legte ich mich auf meine Decke und holte das Ricklinger Teichheft wieder hervor, es fehlten wie gesagt ein paar Seiten, als ich wieder ein paar Passagen lesen konnte, erfuhr ich von den ausgebaggerten Kies Seen an der alten B3, in denen eine Menge Zeug im Laufe der Jahre gefunden wurde, zur Vorbereitung eines neuen Strandbades…..“So ein Mist“ wieder fehlte ein Stück, in der Mitte des Heftes ging es weiter. Es folgten ein paar Angaben über Aufforstung der Grünanlagen, bis an die Stelle, mit einem tragischen Fund, bei der eine junge Frau in ihrem Mini Cooper nur noch tot im nahe liegenden Srandbadsee geborgen werden konnte. Bei der Bergung fehlte das Lenkrad des Autos. „Ah, nun wird es spannend“ eifrig blätterte ich weiter, schade das nicht alle Seiten vorhanden waren, erfuhr ich auf den letzten Absätzen, wie viel Arbeit dahinter steckte um mit Hilfe von Beton und Bohlen eine Wegsicherung um den Ricklinger Teich zu gestalten und ausreichend gegen Verschlickung zu sichern. Resümierend über den trocken Schreibstil, daß die Auflistung von gefunden Gegenständen für mich hätte mehr mehr sein können, legte ich das fertig gelesene Heft wieder in meine Tasche zurück. Mittlerweile waren unsere seuten Deerns eingetroffen, die nach Aufmerksamkeit verlangten, ich verkrümmelte mich mit Piti, Hans und Manu zum Sprungbrettbereich der Freibadeanstalt, von hier aus hatten wir einen herrlichen Blick auf die Elbe, erzählend vom Ricklinger Teich, machte ich dabei den Vorschlag mal zu einem Baggersee zu fahren, vielleicht finden wir auch mal was, scherzte ich in die Runde, so endete der ein herrlicher Sommertag.

Jahre später, mehr durch Zufall, hörte ich von einer Frauenleiche in den Nähe von Schneverdingen, die junge Frau ertrank in der Veerse. Es handelte sich um ein tragisches Unglück, sie verstarb in ihrem R50 Cabrio, merkwürdig an dieser Unfallnachricht war, daß das Lenkrad verschwunden war, ein Umstand den sich die Polizei nicht erklären konnte. „Moment, da war doch was“, konnte ich weiter helfen ? Die Sache ließ mir keine Ruhe, es dauerte etwas bis mir wieder Marion Pitsch einfiel. Ich schwang mich ans Telefon und rief meine alten Freunde an, vielleicht konnte sich einer noch an unseren Besuch in Hemmingen erinnern, wo wir fast alle Seen durch schwammen und abtauchten, auf der Suche nach Schätzen oder einem Lenkrad. Die Telefonate führten zu keiner neuen Erkenntnis, bis auf eine Einladung zum Kaffee trinken bei Manu, die ich dankend an nahm, konnte ich nichts informelles raus bekommen.

Was stand noch in Marion Pitsch’s Sachheft drin?, einem inneren Verlangen in mir folgend, wollte ich mehr über die B3 erfahren. Wo konnte ich fündig werden, in der Finkenwerder Bücherhalle erklärte mir meine Freundin Cher Lock, daß ich eine Nadel im Heuhaufen suchen würde. Ich beschäftigte mich tagelang mit Unfallstatistiken, Verkehrstoten und fand nichts brauchbares. Auch mit Cher’s Hilfe und Ihrer Idee, in den örtlichen Zeitungen entlang der B3 zu blättern, war eine Spur die ins nichts führte, ungewöhnliches war nicht zu entdecken, Ergebnis gleich Null. Also verwarf ich alle meine Gedanken und begrub meinen Detektiv Instinkt.

Es vergingen wieder Jahre, bis mich Cher anrief und mir von einem Mini Carbrio erzählte, den man bei Uferarbeiten am Oevelgönner Mühlenteich raus geholt hatte. Es stimmten alle Details, tote Frau, fehlendes Lenkrad, Polizei stand vor einem Rätsel. Ich konnte mich gar nicht beruhigen, nachdem ich das Gespräch beendete hatte, versuchte ich mich noch mal an alles zu erinnern, was Cher und ich damals recherchiert hatten. Mit wenig Erfolg, alle meine Bemühungen verliefen im Sande. Durch meinen bevorstehenden Umzug vergaß ich nach eine Weile diese komischen Ereignisse, den nur so konnte ich mir es erklären, daß die Polizei und Kommissar Zufall noch keinen Erfolg hatten und es keine Spur von meinem Täter gab.

Ein paar Tage später las ich im Finkenwerder Süderelbe Wochenanzeiger folgendes Inserat: „Haushaltsauflösung, die Erben verschenken gut 100 Mini Cooper Lenkräder an Sammler oder Liebhaber, bei Interesse bitte unter Ciffre 742 melden“. Meine Hände wurden starr vor Angst. In der darauf folgenden Nacht hatte ich Alpträume, schweissnass wachte ich morgens auf. Nach einem starken Kaffee machte ich mir Gedanken über den unbekannten Mörder, warum er unauffindbar war. Cher und ich gingen zur Polizei und erzählten alles was wir wußten und in Erfahrung gebracht hatten. Die Überprüfung unseres Verdachtes erbrachte nichts, auch meine heisse Spur mit dem Inserat im Wochenspiegel löste sich in Luft auf. Es handelte sich bei der Anzeige um einem verstorbenen Inhaber einer kleinen Werkstatt, der mit seiner Vorliebe für englische Autos, Lenkräder sammelte. Der Sohn wollte nicht alles auf den Müll werfen und inserierte deshalb in der Zeitung. So die Erklärung der Polizei, mehr war da nicht, alles nur ein dummer Zufall ? Mein Sinne hatten sich getäuscht, es gab kein Anzeichen für eine Mordserie an der B3. Also Schluß damit, als ich wieder nach Hause kam, brühte ich mir noch eine Kanne starken Kaffee auf, erschöpft stellte ich das Radio an, bei den gespielten Musiksongs kam langsam meine gute Laune wieder. Nebenbei blätterte ich in der Fernsehzeitung, als ich im Radio gerade noch die Nachrichten mit bekam: „Die Polizei ersucht um Mithilfe der Bevölkerung, bei einem tragischen Unfalltod, der sich im Naturschutzpark Buxtehude bei der B3 n ereignet hatte. Ein Mini wurde aus dem Wasser…….“ ich schaltete den Sendeknopf meines Radio aus , zitternd umklammerten meine beiden Hände die Tasse Kaffee………..

ein Ende mit Schrecken oder doch nur schwarzer Humor…mein youtube Kanal…

Bis zum nächsten Mal, wünsche ich einen schönen Start in die Woche. Es grüßt ein Exil lebender Hamburger in NRW

Erdi Gorch Fock

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