Ein eigenes Zuhause, zwischen GEZ und wilder Ehe…


Wer konnte, durfte und wer nicht mochte blieb Stubenhocker und zog nicht vom heimischen Herd aus, so einfach war das und wie ist es heute? Es hat sich vieles in Germania seit den guten alten 60′ zigern des vorherigen Jahrhunderts verändert. Bratkartoffelverhältnisse sind legalisiert worden und vor der GEZ hat heute niemand mehr Angst. Eine sehr zähflüssige Entwicklung in unserer Gesellschaft, die in Millimeter Schritten gemacht wurde und von der heutigen Generation nicht mehr nach zu vollziehen ist. Meine Brüder und Schwestern haben sich alles zu Hause erkämpfen müßen. Die strengen gesetzlichen Grundlagen wurden kontra der Jugend ausgelegt. Die wenigen Möglichkeiten, die es für diese Halbstarken gab, bestanden aus Flucht von zu Hause, hinein in eine Heirat oder in einem festen Arbeitsplatz, am besten in einer anderen Stadt und weit weg von zu Hause. Mit einem kleinen Versuch, einem kleinen Einblick in unsere zusammen gewürfelten Familie, spinne ich einen kleinen Faden von damals bis heute …oh, wieder mittendrin…Es war einmal…
vor nicht allzu langer Zeit, meine Schwestern und Brüder waren schon alle aus dem Haus, als ich als Nesthäkchen alleine in Hamburg auf wuchs. Eine willkommene Abwechslung war es für mich, wenn Geburtstage oder Festtage an standen und meine Geschwister zu Besuch kamen. Dabei wurden viele kleinen Erinnerungen erzählt, was sich von den 60′ zigern bis Mitte der 70’ziger alles in Sachsen der Kindererziehung bei meinen Eltern abspielte. Eventuelle Fehler von meiner Mutter, meinem Vater wurden dabei kopfschüttelnd von meinen Eltern begleitet, denn so schlimm waren die ‚Alten‘ ja wirklich nicht. Es herrschte Zucht und Ordnung in Germania, ja auch bei uns zu Hause. Mein Vater gab den Ton an und alle in der Familie folgten, solange sie noch Ihre Füße unter dem elterlichen Küchentisch hatten. Auflehnung und Widerstand dagegen wurden von meinen Eltern im Keim erstickt, noch bevor es zu einem familiären Schaden kam oder es Ohrfeigen für uns Kinder regnete.
Mit Gründung einer eigenen Familie bei meinen Geschwistern war alles vergeben und vergessen, was meine Eltern getan und gemacht haben, jeder Familienangehörige freute sich auf ein gemeinsames Wiedersehen. Bei diesen Gelegenheiten ließ ich mir immer die Geschichten von meinen großen Schwestern erzählen, wie sie nur nachmittags ins Kino durften oder von meinen Brüdern, die nur Ausgang zu Tanzschule bekamen und um 20:00 Uhr wieder zu Hause sein mußten. Nach dem Essen bei uns, zur blauen Stunde, gipfelten die kleinen Episoden in mitgebrachten alten Fotos, die meine Schwestern im Minirock oder meine Brüder mit Bierflasche beim Zelten zeigten. Meine Eltern konnten Jahre später darüber schmunzeln. Mehr symbolisch wurde an solchen gemeinsamen Abenden in der Familie Strafen verhängt und wir Kinder wurden zum Geschirr spülen und abtrocknen verdonnert.
Ja mein Vater war streng zu uns Kindern. Bei mir wurden die Zügel kurz vor meinem 17′ ten Geburtstag gelockert, mitten in der Pubertät, bekam ich den Job bei der Post. Mit der Einverständniserklärung meines Vaters, bei der Deutschen Bundespost anfangen zu dürfen, lockerte sich allmählich diese aufgestellten Regelungen meiner Eltern, wie und wann ich zu Hause sein sollte. Die letzte Regelkröte meines Vater schluckte ich, denn sein auferlegtes Kostgeld von 200 D-Mark bezahlte ich gerne. Meine Freundinnen durften, solange die anderen Eltern Bescheid wußten bei uns übernachten. Vorher wurden aber alle weiblichen Gäste bei uns auf Herz und Nieren geprüft, meist peinlich für mich, da meine Mutter immer mit so Fragen kam, die eindeutig intim und zur Familienplanung gehörten, aber aus elterliche Sicht gestellt werden mußten. Ein Beispiel gefällig ? … ich belasse es mal mit dem Hinweis, daß Pillen auch morgens, mittags und abends gegessen werden können. Mein Vater nahm seine verantwortungsvolle Aufgabe ernst und spulte gern zu Abschreckung den alten Kuppelei – Paragraph herunter, ( § 180 des StGB, grobe Aufsichtsverletzung eines anvertrauten Kindes oder Mündel ), wenn auch das meine Herzdamen heile überstanden, konnten sie bei uns übernachteten.
Nun bin ich selbst Vater, ab und zu spiele ich aus Spaß die erzieherischen Regeln aus meiner grauen Vorzeit mit meinem Jungen durch. Spätestens beim gemeinsamen Essen fange ich doch an zu lachen, wenn mein Sohn seine Füße unter dem Tisch auf den gegenüber liegenden Stuhl legt und mich dabei ansieht. Hierbei merke ich, dass meine erzieherischen Methoden vollkommen gefurchtet haben. Heutzutage, so mein empfinden, habe ich und meine Frau alles richtig gemacht. Wenn das noch meine Eltern erleben würden, sie hätten an meinem Sohn Ihre helle Freude gehabt.

Bis zum nächsten Mal, wünsche ich eine schönen Sonntag. Es grüßt ein Exil lebender Hamburger in NRW

Erdi Gorch Fock

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