Eine Oskar Nacht am Morgen am Niederrhein? warum nicht…


Mit dem Glamour und Glitzer einer Weltstadt wie Los Angeles kann es kaum eine Stadt hier am Niederrhein aufnehmen. Schon der Versuch eine Vergleichbarkeit herzustellen wäre sofort im Ansatz zum Scheitern verurteilt, wenn ich es nicht besser wüßte. Lassen wir uns nicht von Superlativen blenden und nehmen an wir hätten hier ein Hollywood am Rhein. Bei der Wahl eines Ortes der über eine Menge einmaliger Eigenschaften verfügen sollte, fiel mir sofort bei diesigen Februartagen….oh, fast schon wieder mittendrin…es war einmal…

nach einer langen Sparzierfahrt mit dem Rad, vorbei an herrlichen Koppelweiden, erreichte ich meine Stelle am Auesee. Behutsam steuerte ich die aufgestellte Parkbank an, was sich nicht gerade als leicht erwies, da die kleinen Ufersteinchen immer wegrutschen beim kolossalem Eigengewicht meiner Pneus, die keinen halt finden wollten. Umschauend merkte ich, wie schön es hier ist und zwar schön kalt und nebelig. Mit klammen Händen fingernd nach meiner Kanne Kaffee und einem Kaffeebecher, flößte ich mir mit langsamen Schlückchen trinkend das lauwarme Gebräu ein. Knirschende Geräusche erweckten meine Aufmerksamkeit, ein für mich bekanntes Gesicht bugsierte mit seinen Rad auf die Sitzbank zu. Guten Morgen, Du hier und nicht Hollywood ?“, kam es erfreut von meinem Nachbarn heraus. „Moin, ich genieße gerade den Ausblick, willst Du einen Kaffee haben ?“, erwiderte ich die Begrüßung,ich wäre gerne in Los Angeles, da sind die Temperaturen schon über 15 Grad warm“. „Ach, das haben wir hier doch auch“, lästerte Willi zurück, „an der Flussseite vom Rheinhotel, an den windstillen Plätzen vor dem Restaurant“.

Da war es wieder, mit einem sofortigen Beispiel an der Hand konnte mein geliebter Niederrheiner alles erklären, ohne zu wissen, was der andere damit gemeint hat. Hier wurde eine neue Tatsache eingestreut, die dann mit Hilfe von weiteren Beispielen gespickt meistens mit ‚So isses‘ ihre Vollendung fanden. In unserem beginnenden Gespräch konnte ich mich darauf einstellen, das alles genauso oder noch schöner ist oder war. Es ist eine typische Eigenschaft der hier lebenden Einwohner, etwas gewöhnungsbedürftig, aber liebenswert. Normalerweise frage ich deswegen nicht unnötig nach, wie was gemeint ist, meine mitgebrachte gelassene Hamburger Art läßt soviel Erklärungsblödsinn durch gehen, nur diesmal harkte ich nach. Schmunzelnd bohrte ich mit „Willi, warst Du schon mal in der Stadt der Engel ?“ nach. Mein aufgeschlossener Freund brauchte ein Moment, bis er antwortete. Ich nutze diese Gedankenpause, um mich schnell an meine erlebte Reise zu erinnern. Damals so um 1996 besuchte ich mit meiner Frau die Stadt am Pazifik. In der Nähe vom Sunset Strip am Hollywood Boulevard konnten wir aus unserem Hotelzimmer genau auf das Chinese Theartre schauen. Wir verbrachten schöne Tage an diesem quirligen Ort, unsere Streifzüge führten uns von Chinatown über die Univeral Studios bis nach Malibu, wo ich am Stand einen fantastischen Sonnenuntergang erlebten konnte.

Nun überlegend, ob ich nicht meine Füße hier und heute in den Auesee tauchen sollte, holte mich Willi mit seiner Antwort zurück aus meinen Erinnerungen. „Engel, welche meinst Du ?, kannst Du auch von hier aus das Relief vom Willibrordi Dom sehen?“. Mit einem freundlichen „Nein“, zeigte ich auf meine Brille, ich bin froh das ich kein Fernrohr trage“, dabei wollte ich mir noch einen Schluck Kaffee ein schütten und merkte dabei, daß die Kanne leer war. „Komm wir fahren ins Spago und wärmen uns auf“. Leicht verdutzt aber nicht nachfragend folgte mir mein Nachbar auf den zugigen Deich, vorbei am kleinen Minigolfplatz, saßen wir ein paar Minuten später an einer fast windstillen Stelle des kleinen Kuhstalls vom Rheinhotel. Mit Salzstangen und frischen Kaffee beobachte ich vorbei fahrende Schiffe, flanierende Touristen am hiesigen Ocean Drive. Mein Freund blätterte in einer Sonntagszeitung, zufällig lesend in einem Artikel über die bevorstehende Verleihung der Oscars 2016, den er mit einem „Aha, nun wird mir alles klar“, kommentierte.Gut gelaunt, ‚Wärme‘ in mir spürend, nahm ich unseren kommunikativen Faden wieder auf. „Hast Du schon mal was vom Sunset Strip gehört ?“, gespannt wartend, was ich nun wieder für eine Eselei von Willi zu hören bekomme. „Jo, Du warst also in Los Angeles ?, Was gibt es denn da, was wir hier nicht haben ?“, verblüfft schaute ich mein gegenüber an, war das eine rhetorische Frage oder sollte ich Ihm nun nach einem Rastermusterprinzip alle Plätze und Sehenswürdigkeiten herunter spulen?, die ich gesehen habe, nur um zu erfahren, daß der Strip nur eine Einkaufstrasse ist ?, der Rodeo Drive wohl möglich nach deutschen Recht mit seinen vielen Geschäften gegen das Aushang – und Auszeichnungspreistafelgesetz verstößt. Was erwartet mein Freund von mir ? Eine verständliche Erklärung des Way of Life?, von schönen durch tanzten Nächten, als ich eine Oscar Veranstaltung aus dem Dorothy Chandler Pavilion erlebte? Ich ahnte das ein von mir vielleicht geschilderte Besuch im Paul Getty Museum bestimmt von Willi mit den Kassematten an der Zitadelle verglichen werden würde.

Nein“, fing ich an, „es ist nichts außergewöhnliches dort, nur manchmal etwas größer und weiter entfernt als hier. Ich wäre gerne mal wieder um diese Zeit in L.A., nur um mir eine Oscar Nacht an zu schauen“. Willi schaute mich lange an, „Ich weiß genau was Dir fehlt mein Freund“, sagte er und bestellte noch zwei Mettbrötchen. Überrascht von der Tatsache, das es so einfach ist einem Niederrheiner was zu erklären, lächelte ich Willi an und bedankte mich mit, „…and the winner is“

Bis zum nächsten Mal, wünsche ich eine schöne ‚Oskar Nacht‘ oder einen schönen Start in die Woche. Es grüßt ein Exil lebender Hamburger in NRW

Erdi Gorch Fock

Werbung