John Glossi, die unbekannte Schöne und das Geheimnis der Süderelbe……


Wieder stand ein Wochenende an, missmutig schlenderte sich John zu seinem Bürocontainer. Beim öffnen der Tür stieg Ihm ein Mix von abgestandener Luft und altem Nikotin Qualm in die Nase. Er betrat sein heimeliges Zuhause, hier hatte schon lange keiner mehr sauber gemacht, seit Anfang der 80’ger hatte sich nicht mehr viel geändert. Transistorradio und Röhrenfernseher machten es etwas behaglicher in diesen quadratischen Räumen. Sein alter Kühlschrank, seine Funkanlage hatten schon besser Zeiten gesehen. Seine Detektei lag an einem Seitenarm der Elbe, in einer Sackstraße des Rüschkanals. Der Blick rüber nach Teufelsbrück konnte Ihm keiner nehmen. Dafür mußte er bei Hochwasser nur aufpassen und eine Fahne hissen, wenn die Uferbefestigung drohte überspült zu werden. Seine Fahne war immer gehisst, teils war er zu faul einen Blick aus seinem Fenster zu werfen, um zu überprüfen, wie hoch das Wasser stand. Der andere Grund war mehr für seine Eigenwerbung gedacht. Alles abgeklärt mit den Ordnungsamt Finkenwerder und der Hamburger Wasserschutzpolizei. Man kannte John als einen ehrlichen und robusten Haudegen…….oh wieder mittendrin……Es war einmal…….

ein Freitag, der Jolly Roger wehte leicht zerfetzt vom Dach der alten Detektei John Glossi runter. Eine leichte Brise drückte die Elbe in den Kanal hinein. John ließ seinen Blick über dem Rüschi streifen. Die nasskalte feuchte Luft legte sich auf seine alte Lederjacke nieder. Bei so ungemütlichen Wetter half nur ein Lütt un Lütt um unbeschadet und gesund durch die anhaltende Nässe des Hamburger Schietwetters zu kommen. Sein Kühlschrank im hinteren Teil seines Kombi Büro- Schafcontainers war fast leer gefegt. Mit einem Schluck aus der letzten Buddel Dornkaat, einer Flasche Astra Bier konnte er rein medizinisch gesehen nichts gegen einem aufkommenden Schnupfen ausgerichteten. So unbewaffnet und trocken in der Kehle wollte er nicht auf dem Schlafsofa einnicken, er gab diesem heimtückischen Bakterien keine Chance. Auf direkten Absatz machte er kehrt, warf sich seine Jacke wieder über, verschloss seine quietschende Haustür und ging Richtung Cafe Bauer. Einmal den Rüschweg runter, mit Blick auf die Bushaltestelle, hier stand die nicht sehr vertrauen erweckende Spelunke. Er fühlte sich wohl hier, je nachdem wie seine Laune war konnte man in diesem Schuppen knobeln oder einen scharfen Ramsch spielen. Mit einem nickenden „Moin“ begrüße er die anwesenden Gäste im Lokal. John setze sich an seinem üblichen Platz in der Ecke am Tresen. Wortlos schob Ihm die Bedienung Susi einen Doornkaat und einen halben Astra rüber. Sie kannten sich schon aus Kindertagen, waren zusammen zu Schule gegangen. Nach einem richtigen Zug aus der großen Astra Flasche lächelte er Susi an. Sie kam näher und gesellte sich gegenüber der Theke zu Ihren Freund Glossi. „Na min Deern, allens klor ?“ fing John die vertraut klingende Kommunikation an. „Wart mol min Schieter, ick mut noch de 3 Sehleute beschicken“, sie stand auf, brachte Ihre V-Takelage in Ordnung und servierte den drei auswärtigen Quitschern noch eine Runde Bier. Gekonnt schlängelte Sie sich wieder zu John. An diesem Abend war nicht viel los, nun bekam Glossi einen herzhaften seuten aufgedrückt und Susi setzte die Unterhaltung fort. „Der alte Walter war hier“ „Finger Walter“, unterbrach John Susi, „Ja Finger Walter, laß mich mal weiter erzählen. Also, Walter fragte nach Dir, wollte wissen, ob Du noch den alten umgebauten Schlepper vom Deinem Vater Edgar hast.“ „Hmmh“, brummte John ohne seine Herzdame zu unterbrechen, „Du solltest Ihn mal anrufen“Das war es ?“ fragte John nach, Susi quittierte es Kopf nickend und stellte Ihm ein neues Gedeck hin. Was wollte Walter von John, grübelnd kamen Ihm einzelne erlebte Erinnerungen hoch, von ehemaligen Zeiten, als die Rüschsiedlung noch stand, vom Rüschi, der Süderelbe, als er mit Andreas, Walters Sohn, gemeinsam angelte. Man war das lange her, sein Vater Edgar hatte Walter damals 1962 kennen gelernt, sie arbeiten gemeinsam in einer kleiner Schlosserei, an der Eindeichung der Süderelbe. Nach der Sturmflut wurde der Elbearm dicht gemacht. Nun konnte man nur noch über den Köhlbrand den südlichen Teil von Finkenwerder erreichen. Komisch was wollte Walter nur? Nach ein paar weiteren Gedecken fühlte sich John medizinisch gesehen gut gerüstet gegen Wetter, Kälte und Schnupfen. Bevor er sich verabschiede, nahm er sich von Suzi noch ein paar Flaschen mit, dann ging es gemütlich nach Hause. Aufkommender Nebel entlang des Rüschkanals begleiten Johns Gedanken. Vereinzelt hörte er Schiffsmotoren tuckern, die kleinen Jollen und Boote lagen ruhig im Wasser. Glossi sah noch mal in seinen Briefkasten, ein paar Prospekte, Rechnungen zwei kleine Zettel, mit …… er konnte es nicht richtig erkennen. Nachdem er die Tür aufgemacht hatte, nun bei Licht sah er sich die Post genauer an. Die Rechnungen legte er auf den Tisch, die Reklame legte er an den betagten Kohleofen, seine ganze Aufmerksamkeit schenkte er den beiden Zetteln. Auf einem erkannte er die Schrift, leicht verwackelt, da es als Rechtshänder mit der linken Hand geschrieben und von Walter stammte, seine Bitte nach Rückruf und seine Handynummer standen darauf. Der zweite Zettel war fließend, in schnörkelige Schrift verfasst, ein leichter Hauch von Chanel Nr.5 streifte seinen Geruchssinn. „Herr Glossi, ich möchte sie morgen um 10:00 Uhr gerne aufsuchen, vielleicht könnten Sie mir in einer verzwickten Lage weiterhelfen. Ciao Luana Branduardi“

John Glossi legte die Notiz neben Walter’s Zettel auf seinen Schreibtisch, wer war Luana Branduardi ? und wie konnte er Ihr helfen ?

Solange bis der nächste Teil kommt, etwas Spaß von meinem Kanal

Erdi Gorch Fock

Bis zum nächsten Mal, wünsche ich einen schönen Start in die Woche. Es grüßt ein Exil lebender Hamburger in NRW

Erdi Gorch Fock

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Rüschsiedlung Finkenwerder von 1973 – 1976, Hamburg meine Erinnerungen.


1972.Erdi.Finkenwerder.28.07.2014.

Zurück in eine Zeit, wo an der Ecke Neßdeich, Rüschweg auf Finkenwerder eine kleine Siedlung lag, meine Rüschsiedlung. Mehr als 500 Leute hatten in Ihren Behelfsheimen, nicht mitgezählt die Arbeitsbaracken, Ihr zu Hause gefunden. Ein paar Meter hinter der Schutz-Flutmauer vom Rüschweg zur linken Seite lag der Rüschwinkel mit dem Rüschkanal. Den Rüschweg hinab waren die Eingangstore der Deutsche Wert, auch bekannt als HDW, zu sehen. Auf der linken Seite standen die Arbeitsbaracken, die Unterkünfte für die Werftarbeiter. Eine Schlosserei und ein kleiner, vielleicht mittel großer Parkplatz für die Busse, die morgens, nachmittags und abends zum jeweiligen Schichtbeginn bzw. Schichtende die Werftarbeiter in nah und fern transportierten. Zur rechten Seite zweigten sich der Ploot, Kohort, Lachsdrift und eine weitere Staße ab, dessen Name ich in einer Umschreibung, leicht versteckt, in die Geschichte einbaue. Der Dwarspriel verband als Kreuzstraße die meisten Straßen miteinander. Vom Ihm konnte der Ploot und ein Bahnübergang für Fuß- und Radfahrer, erreicht werden, der auf Tweeflungen führte.

Geprägt von der Tiede fuhren vom Rüschkanal, Köhlfleet und der Süderelbe die HF-Fischkutter raus. Die Werft brummte und all die kleineren und mittleren Zulieferer hatten Arbeit satt. Messerschmitt-Bölkow-Blohm-MBB Flugzeugbau (Airbus) und die Reynoldswerke rundeten die Sache ab. 1973 konnte nicht schöner sein, bis es zu Ölkrise kam.

Auf einmal war alles anders. Nach langen hin und her bekam die HDW noch die Aufträge Containerschiffe zu bauen. Bei jedem Stapellauf lief es uns in der Rüschsiedlung eiskalt den Rücken runter, da wir immer dachten, daß ist das letzte Schiff und was kommt danach? Nach der „Tokio Bay“, „Cardigan Bay“ und „Osaka Bay“ war Schluß. Die gute Arbeit der Werftarbeiter wurde ein letztes Mal mit dem Bau der „City of Edinburgh“ belohnt, nur durfte die „richtige“ Werft die Arbeiten nicht beenden, endgültige Fertigstellung machte Blohm & Voss. Über 1000 Werftarbeiter waren arbeitslos. Die Demonstrationen, gegen die Schließung brachten gar nichts, wurden nicht rückgängig gemacht. „ De Werft is to“
Wenige Arbeiter fanden bei Blohm&Voss, MBB und Reynolds Arbeit. Es folgten die endgültigen Schließungen der Arbeitsbaracken und des Durchgangslager auf dem Neßpriel. Weihnachten auf Neujahr 1974 wehte zum letzten Mal ein Tannenbaum vom Helgengerüst der HDW.
In den folgenden Monaten wurde 1974 damit begonnen die „alte Werft“ auszuschlachten. Unserer Siedlung blieb zusammen, der Höger am Anfang des Kohort bildete den Mittelpunkt der Nachbarschaft. Eine kleine eingeschworene Gemeinde, die da auf dem „Rüschi“ lebte. Wir wollten alle zusammen bleiben. Einige von uns hatten Ihre Behelfsheime richtig schön ausgebaut und viel Geld rein gesteckt.
Die frei gewordenen Gelände auf der Werft und am Rüschweg sollten mit schönen Anlagen und Eigentumshäusern geschmückt werden. Wir freuen uns darauf. Vielleicht ein neuer Fußballplatz. Ein richtiger Spielplatz wäre schön gewesen und nicht so einer wie bei Tweeflungen, der Bunker bedingt, eher nur ein halber war. Neue Lagerhallen zum unterstellen und reparieren der Boote am Neßpriel. Die Kapazitäten am Rüschwinkel erweitern. Aber daraus wurde nichts. Denn plötzlich lag die Rüschsiedlung in der Einflugschneise des Hamburger Flugzeugbau. Nichts mit schönen Bürogebäuden und „ Planten un Blom“. Alles mußte brach sein. So wurde 1975 durch Vertiefungsarbeiten der Elbe und der Seitenkanäle vom Hamburger Senat beschlossen, das alte Werftgelände mit Spülsand auf zu schütten. Wie dann noch der das Helgengerüst 1975 weg gesprengt wurde, war uns klar, das war nicht mehr der Säberort, hier wurde der Charme einer ganzen Siedlung genommen. Auch die freie Sicht auf die Elbe konnte darüber nicht hinweg täuschen.

Der finale Punkt und das gleichzeitige aus der Rüschsiedlung kam 1976. In der ersten Januarwoche drückte die Sturmflut mit Orkanböen, das Elbwasser so schwer in den Rüschkanal, daß alle Anwohner die Siedlung verlassen mussten. Als einer der letzten Familien vom Kohort mußten wir unser Haus aufgeben. Ein sicherer Weg über den Rüschweg war nicht mehr möglich. Das Elbwasser schwappte zur dieser Zeit schon über den Rüschkanal. Entlang des Dwarspriel in Richtung Bahnübergang Tweeflungen, hinter der Flutmauer war unser Ziel die Gorch Fock Halle. Hier war Sammelpunkt und Notquartier für uns. Stunden später konnten wir endlich wieder nach Hause gehen. Alles war glimpflich verlaufen, die Deiche hatten gehalten.
Ein paar Wochen später folgte ein Räumungsbeschluß für alle Bewohner der Rüschsiedlung. Proteste in der Elbhalle gegen diese Pläne und Maßnahmen, selbst Demonstrationsmärsche der Anwohner halfen nichts. Die Räumungsbeschlüsse wurden um gesetzt. Wir hatten Glück und fanden eine „Bleibe“ in Finkenwerder. Die meisten von uns, Nachbarn und Freunde, zogen in neue Wohnungen in Neugraben, Neuwiedenthal u.s.w. Die Rüschsiedlung wurde abgerissen und dem Boden gleich gemacht. Nun ist ein Rüschpark zu sehen…………..

Mein Überblick kann nur kurz sein, ein was wäre wenn und warum und wieso gewesen, überlasse ich dem Leser. Aus der Vielzahl von Artikeln, Veröffentlichungen von 1976 hier nur als Beispiel skizziert.

„Aus Die Zeit
Wie Hamburg den Orkan überstand
9. Januar 1976
Hamburg
Wasser kommt schneller als Feuer. Diese gar nicht komische Sprichwortweisheit alter Friesen ist in Hamburg an der Elbe, genauer gesagt: an der Tideelbe, nun abermals Gewißheit. Daß der Sturm, der mit Orkanböen aus Nordwest in den Rachen des Stroms hineinfegte, eine Sturmflut aufstauen werde, hatten Meteorologen und Hydrologen natürlich vorausgesehen und vorausgesagt; noch „fünf vor zwölf“ jedoch ahnte niemand, was wirklich geschehen sollte. Nach 13 Uhr erst wurde bestürzend klar: Das Wasser kam schneller und stieg höher als vorausberechnet.
Um 14.07 Uhr gab Staatsrat Frank Dahrendorf, der oberste Beamte der Innenbehörde, Hochwasservoralarm. Schon neun Minuten darauf eskalierte der Voralarm zum Alarm. Zur gleichen Zeit wurde im Hafengebiet, auf Finkenwerder, ein Lager mit 150 Bewohnern evakuiert. Der St.-Pauli-Fischmarkt, wo Hamburg ein bißchen Teer- und Tran-Tradition pflegt, war bereits überflutet. Die Elbchaussee, Hamburgs Allee des Wohlstands, war unterbrochen.
Der ganze Artikel ist unter diesem Link zu finden
http://www.zeit.de/1976/03/der-alarm-kam-zu-spaet

Aus Hamburger Abendblatt:
Nr. 26 vom 31.01.1976,
Rüsch-Siedler sollen in Ruhe umziehen
Große Aufregung/ gestern unter den 560 Bewohnern der Rüsch-Siedlung auf Finkenwerder: Weil die Baubehörde in hastiger Ausführung eines Senatsbeschlusses ein Kündigungsbegehren ausgesprochen hatte und dieses Begehren vorzeitig bekannt geworden war, fürchteten viele Rüsch-Siedler, von heute auf morgen auf der Straße zu stehen.
Der Senatsbeschluß als Folge der Sturmfluten lautet, wie berichtet, daß so bald wie möglich keine Menschen mehr in Vordeichgebieten wohnen sollen. Telefonisch hatte die Behörde die Neue Heimat Nord (sie verwaltet die 215 Behelfsheime der Rüsch-Siedlung) aufgefordert, den Bewohnern zu kündigen. Die Neue Heimat Nord hatte die Kündigungen aber nicht verschickt. Sie hatte wissen lassen, diesen telefonischen Bescheid wolle sie schriftlich haben. Und gestern wurde der Bescheid von höchster Stelle „zurückgepfiffen“.
Die zuständigen Verwaltungschefs aus Orts- und Bezirksamt vereinbarten mit „Liegenschafts-Senator“ Dr. Hans- Joachim Seeler, daß den Rüsch-Siedlern Zeit gelassen“ werden soll. In der nächsten Woche soll ihnen in öffentlicher Sitzung des Ortsausschusses und in Einzelanschreiben nahegelegt werden, sich andere Wohnungen zu suchen. Sozialwohnungen seien genügend da.
Die Hast der Baubehörde wird nur dadurch erklärlich, daß das Argument „Flutgefahr“ offenbar nicht ungelegen kam. Einige Senatoren wollen das Gelände für Gewerbeansiedlung, die Ortsgremien möchten es für Wohnungen.

Aus Hamburger Abendblatt:
Nr. 30 vom 05.02.1976,
Rüschsiedlung: Protest gegen Kündigungsplan
In der Diskussion um Erhaltung oder Nichterhaltung der Finkenwerder Rüschsiedlung kündigte Senatsdirektor Scharnberg gestern abend auf einer Sondersitzung des Finkenwerder Ortsausschusses an, es sei möglich, daß die Behelfsheimbewohner die Kündigung erhielten. Abgeordnete aller Parteien sprachen sich dagegen für die Erhaltung der am 3. Januar überfluteten Siedlung aus und forderten den Bau eines Hochwasserschutzes.“

Einige Straßenamen dieser ehemaligen Siedlung gibt es wieder auf Finkenwerder, vielleicht zur Erinnerung an die Rüschsiedlung ?

Bis zum nächsten Mal, liebe Grüße vom Exil lebender Hamburger in NRW.